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Die LINKE wählen?

Nach zehn Jahren in der Regierung ist die Bilanz der Berliner Linkspartei verheerend, und so ist es nicht verwunderlich, dass sich der Großteil der radikalen Linken von ihr abgewendet hat. Doch einige Gruppen, die sich wie RIO auf das Erbe Trotzkis berufen, rufen trotzdem zur Wahl der Linkspartei auf.

Das Netzwerk Marx21 führt den Studierendenverband der Linkspartei, stellt aber auch Bundestagsabgeordnete für die Linksfraktion. Sie beschränken sich vollständig darauf, im Rahmen der Linkspartei Politik zu machen und die Partei als Ganzes nach links zu drücken – eine Partei, die hier in Berlin von alten DDR-BürokratInnen und „RealpolitikerInnen“ dominiert wird. Dafür lassen sie jede öffentliche Kritik an der Linkspartei fallen. Im Berliner Wahlkampf argumentiert Marx21, dass eine Wahlniederlage nur die Rechten in der Partei stärken würde, und beißt so in den sauren Apfel, die unsägliche Bilanz der Linkspartei in Berlin erst zu kritisieren, wenn die Wahl vorbei ist. So verprellen sie all diejenigen, die schon jetzt gemerkt haben, dass die Linkspartei an der Regierung nur die Verwaltung der Misere bedeutet, und weigern sich, stattdessen eine Alternative auf der Straße aufzubauen.

Die Sozialistische Alternative (SAV) ist ebenfalls Teil der Linkspartei, hat aber im Gegensatz zu Marx21 eine öffentliche Kritik an der Regierungsbeteiligung und der unsozialen Politik der letzten zehn Jahre. Sie ist jedoch weiterhin der Meinung, dass die Linkspartei bundesweit „der derzeit wichtigste politische Ansatzpunkt einer Interessenvertretung für Lohnabhängige, Erwerbslose und Jugendliche gegen die Interessen des Kapitals“ ist. Doch auch bundesweit ist die Linkspartei mitnichten eine Partei sozialer Kämpfe. In den vier Jahren der weltweiten Wirtschaftskrise hat sie die Mobilisierung gegen die Krise nicht ein Stück vorangetrieben. Für die Wahl argumentieren sie wie Marx21, dass es keine Alternative links von der Linkspartei gäbe und eine Schwächung der LINKEN nur eine Stärkung der Rechten bedeuten würde. Obwohl die SAV anders als Marx21 zur Stärkung des Widerstands auf der Straße aufruft, läuft ihre Politik in letzter Instanz genauso darauf hinaus, den Aufbau einer antikapitalistischen Alternative zur Linkspartei auf später zu verschieben.

Es gibt aber auch einige trotzkistische Gruppen, die die Linkspartei bei dieser Wahl kritisch unterstützen wollen, auch wenn sie nicht Teil der Partei sind, so z.B. die Gruppe Arbeitermacht (GAM) und ihre Jugendorganisation „Revo“. Sie stehen eindeutig gegen die Politik der Linkspartei und rufen nur kritisch zu ihrer Wahl auf, um mit denjenigen in Diskussionen zu treten, die noch Illusionen in die Linkspartei haben (insbesondere bundesweit). Während wir von RIO diese Taktik generell für legitim halten , ist sie doch wie jede Taktik von der objektiven und subjektiven Situation abhängig. Heute, wo kleine Gruppen wie die unsrigen nicht ansatzweise behaupten können, Kontakt zu breiten Teilen der ArbeiterInnenklasse zu haben, und zusätzlich die politisch fortschrittlichsten Teile der ArbeiterInnenklasse und der Jugend immer mehr auf Distanz zur Linkspartei gehen, denken wir, dass es die Aufgabe der Stunde für revolutionäre MarxistInnen sein muss, sich mit diesen Avantgarde-Sektoren zu verbinden anstatt sie mit einem ritualisierten Wahlaufruf, so kritisch er auch sein mag, von sich wegzuschieben.

//von Stefan Schneider, RIO, FU Berlin //REVOLUTION Nr. 43

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