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Was ist Faschismus?

Und wie bekämpfen wir ihn? Eine marxistische Analyse der Nazibewegung

„Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen.“ (Max Horkheimer)

Der Faschismus ist nicht einfach ein „Verbrechen“, sondern ein Produkt der Krisen der kapitalistischen Gesellschaft. Wenn sich ArbeiterInnen radikalisieren und anfangen, aktiv für die Überwindung des Kapitalismus zu kämpfen, brauchen die KapitalistInnen als letzten Strohhalm eine militante Massenbewegung, um den Sieg der ArbeiterInnen zu verhindern. Genau das ist die historische Funktion des Faschismus.

Die soziale Basis

Der Faschismus sammelt die Menschen, die durch den Kapitalismus ruiniert und vereinzelt werden. Das sind sowohl „kleine Leute“ (also KleinunternehmerInnen, BeamtInnen und Angestellte – was MarxistInnen „Kleinbürgertum“ nennen) wie auch ArbeiterInnen, die aus der Gesellschaft ausgestoßen werden („Lumpenproletariat“). Diese Menschen werden mit rassistischer, antisemitischer und nationalistischer Ideologie erzogen und zu SchlägerInnentruppen gegen jegliche Organisierung der ArbeiterInnen und Unterdrückten geformt.

Momentan attackieren die Nazis in erster Linie linke Jugendliche, MigrantInnen, Obdachlose und sexuelle Minderheiten. Doch der Hauptfeind des Faschismus bleibt die organisierte ArbeiterInnenbewegung. Im letzten Jahr in Deutschland gab es mehrere Beispiele dafür, etwa der Angriff gegen einen Gewerkschaftsbus nach den Anti-Nazi-Protesten in Dresden oder der Überfall sogenannter „autonomer NationalistInnen“ auf die DGB-Kundgebung am 1. Mai in Dortmund.

Die KapitalistInnen bevorzugen die parlamentarische Demokratie, weil diese Staatsform ihre Herrschaft am Besten verschleiert. Doch wenn sie sich durch eine revolutionäre Massenbewegung bedroht sehen, müssen sie auf die faschistische Karte setzen. Der Revolutionär Leo Trotzki schrieb, die KapitalistInnen lieben den Faschismus „wie ein Mensch mit kranken Kiefern das Zahnziehen“.

Denn der Faschismus basiert auf der völligen Vereinzelung der ArbeiterInnenklasse durch die Zerschlagung all ihrer Organisationen, egal wie gemäßigt. So liquidierten die Nazis im Mai 1933 die sozialdemokratischen Gewerkschaften. Dadurch konnte das faschistische Regime die Löhne niedrig halten und die Profite der KapitalistInnen massiv steigern.

Der Faschismus ist eine Form kapitalistischer Herrschaft: die repressivste, reaktionärste Staatsform, mit der der Kapitalismus verwaltet werden kann. Aber gerade die deutsche Geschichte zeigt, dass unter parlamentarischen wie faschistischen Staatsformen – also Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Bundesrepublik – bis auf wenige Ausnahmen die gleichen Eliten herrschen, also die gleiche Polizei, die gleiche Bürokratie und die gleiche KapitalistInnenklasse.

Der Antikapitalismus?

Also auch wenn viele Nazis sich „antikapitalistisch“ geben, geht es ihnen in Wirklichkeit darum, Sündenböcke – „das internationale jüdische Finanzkapital“ oder Ähnliches – für die strukturellen Krisen des Systems verantwortlich zu machen. Die faschistische Ideologie der Herstellung einer „Volksgemeinschaft“ bedeutet nichts anderes als die gewaltsame Unterdrückung der Klassengegensätze durch die völlige Unterordnung der ArbeiterInnen unter diejenigen „Volksgenossen“, die sie im Betrieb ausbeuten.

In der heutigen Situation braucht der Kapitalismus die Nazis nicht wirklich – denn die ArbeiterInnenbewegung ist vom Reformismus dominiert und die revolutionäre Linke ist schwach und zersplittert. Aber bei einer Verschärfung der sozialen Widersprüche kann es durchaus dazu kommen, dass das Kapital wieder auf seinen braunen Knüppel zurückgreift. Deswegen ist es entscheidend, die faschistische Bewegung jetzt – solange sie nur den Keim einer Massenbewegung darstellt – zu zerschlagen.

Die Strategie

Blockaden, so wichtig sie auch sind, werden nicht ausreichen, um der faschistischen Bewegung den Boden zu entziehen. Faschismus können wir nur effektiv bekämpfen, in dem wir eine eigene revolutionäre Antwort auf die Krise geben – wir brauchen eine sozialistische Perspektive, die einen Ausweg aus Armut, Arbeitslosigkeit und Krieg bietet.

Einerseits müssen wir gegen die faschistische Gefahr eine breite Mobilisierung aufbauen, die alle Menschen in Bewegung setzt, die von dieser Gefahr unmittelbar bedroht sind. Alle Massenorganisationen der ArbeiterInnen – DGB, Linkspartei und auch SPD – müssen unter Druck gesetzt werden, dass sie solche Proteste aktiv unterstützen: nicht nur mit einem bisschen Geld und prominenten RednerInnen auf Demonstrationen, sondern durch eine wirkliche Mobilisierung ihrer Mitglieder.

Andererseits müssen wir solche Mobilisierungen nutzen, um diese reformistischen BündnispartnerInnen politisch zu entlarven. Denn während PolitikerInnen von SPD und Linkspartei gegen Faschismus protestieren, verwalten sie die kapitalistische Misere, die den Faschismus erst stark werden lässt, in vielen Fällen mit. So war es gerade die von der SPD mitbeschlossene Hartz IV-Reform, die der NPD den ersten großen Wahlsieg in Sachsen ermöglichte. Also auch während wir gemeinsam mit SPD-Mitgliedern Naziaufmärsche blockieren, muss unsere Kritik an ihrer Politik laut werden. Wir müssen jede rassistische, antisemitische und nationalistische Ideologie – die die Nazis in zugespitzter Form vertreten – und ihre materiellen Grundlagen permanent bekämpfen.

Zusammenfassend: Getrennt marschieren, aber gemeinsam schlagen!

Kleine Gruppen, trotz ihres Engagements und ihrer Militanz, können den Kampf gegen den Faschismus nicht gewinnen. Wir müssen auf die Organisierung der breiten Massen setzen. Der Staat kümmert sich eher um den Schutz von Naziaufmärschen und die Repression gegen AntifaschistInnen, während Naziübergriffe als „unpolitische Prügeleien“ abgetan werden. Kein Wunder – denn der Staatsapparat hat durch den Faschismus weit weniger zu fürchten als durch einen antikapitalistischen Umsturz. Deswegen gilt es, Selbstverteidigungsgruppen der Betroffenen aufzubauen, denn nur so können wir den Grundstein für eine revolutionäre Massenbewegung der ArbeiterInnen und der Jugend legen.

//von Wladek, RIO, Berlin //REVOLUTION Nr. 37

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