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Das verflixte siebte Jahr...


Deutsche SoldatInnen sind seit dem Jahr 2002 in Afghanistan

Seit 2002 sind deutsche Truppen, als Teil der „International Security Assistance Force“ (ISAF), in Afghanistan stationiert. Ihr Auftrag lautet nicht „Brunnen bauen“ oder „Hilfstransporte beschützen“, sondern: Aufstände bekämpfen. Jetzt, im 7. Jahr der Besatzung, spitzt sich die Situation weiter zu. Mehrere von Bundeswehr-SoldatInnen erschossene ZivilistInnen sind nur ein Indiz dafür. Genau wie die „Operation Enduring Freedom“ der US-Armee ist die ISAF-Mission für blutige Kämpfe im gesamten Land verantwortlich.

Deutschland ist mit 27 getöteten Soldaten bisher vergleichsweise glimpflich davongekommen – vor allem wegen seiner Präsenz im etwas ruhigeren Norden Afghanistans. Zudem wurde bei Kampfeinsätzen hauptsächlich logistische Unterstützung für andre NATO-Truppen geleistet (also durch, Planung, Transporte und Sanitäter.

So konnte der Eindruck aufrecht erhalten werden, die Bundeswehr sei gar nicht Teil einer brutalen militärischen Besatzung. Die Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache: Derzeit dienen Tornado-Kampfflugzeuge als Hilfestellung für amerikanische Bombenangriffe. Mit der Übernahme der „Quick Reaction Force“ (QRF) seit Juni 2008 kämpft die Bundeswehr darüberhinaus selbst an vorderster Front. Die Aufgabe dieser speziell ausgerüsteten „schnellen Eingreiftruppe“ ist es, auch hartnäckigen Widerstand der AfghanInnen effektiv zu brechen.

Was hat‘s (nicht) gebracht?

Allein nach offziellen Angaben wurden im Jahr 2007 8.000 AfghanInnen, darunter 1.500 ZivilistInnen, durch ISAF-SoldatInnen getötet. Inoffizielle Schätzungen sind um ein Vielfaches höher. Da manche Einsätze, wie die der deutschen Spezialtruppe KSK, der Geheimhaltung unterliegen, gibt es über ihre Opfer keine verlässlichen Angaben. Gleichzeitig gibt es bei der humanitären Situation eher Rück- als Fortschritte.

Die Lebensbedingungen haben sich im Vergleich zu den Zeiten der Taliban-Herrschaft größtenteils verschlechtert. 61% der AfghanInnen leiden unter Nahrungsmangel, 68% haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 90% verfügen nicht über elektrischen Strom. Die Situation der afghanischen Frauen hat sich allenfalls auf dem Papier gebessert.

Kein Wunder, denn für Entwicklungshilfe wurde zwischen 2002 und 2006 nicht einmal ein Zehntel dessen ausgegeben, was die BesatzerInnen im selben Zeitraum für ihre Militäreinsätze springen ließen (bis jetzt über 80 Milliarden US-Dollar). Unter „Entwicklungshilfe“ werden zudem Zahlungen zusammengefasst, von denen nur ein Bruchteil den Menschen vor Ort wirklich nützt. Zum Beispiel zahlt die BRD jährlich 12 Millionen Dollar für den Aufbau der afghanischen Polizei – bei der nach wie vor Folter und Willkür an der Tagesordnung sind. Über Bauprojekte fließen riesige Summen in die Taschen westlicher Konzerne und privater Sicherheitsfirmen.

Zwischen 2002 und 2006 wurden von der gesamten „Internationalen Gemeinschaft“ gerade einmal 433 Millionen Dollar für Ernährungs- und Gesundheitsprogramme in Afghanistan ausgegeben – das sind 30 Millionen weniger als der Bundeswehreinsatz allein im letzten Jahr kostete!

Investieren lohnt sich

Zu denen, die trotz der miserablen Situation des Landes vom Krieg profitieren, gehören Unternehmen aus den Besatzerländern. Unter deutscher Federführung wurde ein Außenhandelsabkommen erarbeitet, das Afghanistan zu einer der „offensten Volkswirtschaften überhaupt“ macht. Investoren werden u.a. acht Jahre Steuerfreiheit, Zollreduzierung und ein 100%iger Gewinntransfer ins Ausland garantiert.

Deutsche Konzerne wie Siemens engagieren sich dementsprechend fleißig für den „Wiederaufbau“ – halten sich aber bedeckt, was die Details ihrer Aufträge angeht. Wie ihr Beitrag zur afghanischen Infrastruktur in etwa aussehen könnte, zeigt sich am Beispiel der US-amerikanischen „Louis Berger International Group“. Diese kassierte bisher 665 Millionen Dollar aus Entwicklungsgeldern und errichtete dafür einsturzgefährdete Krankenhäuser und unbefahrbare Straßen.

Da die Lebenssituation der allermeisten AfghanInnen sich stets verschlechtert, wächst der Widerstand gegen die BesatzerInnen. Dieser geht längst nicht nur von AlQuaida oder den Taliban aus – immer mehr einfacheAfghanInnen beschließen, sich zu wehren.

Die Lösung für dieses Problem sehen deutsche und internationale „Sicherheits“-Strategen nicht etwa in einer Erhöhung der Entwicklungshilfe, sondern in einer massiven Aufstockung der Truppen. Ursprünglich bestand die ISAF aus ca. 5000 SoldatInnen, mittlerweile hat sich die Anzahl verzehnfacht, und in den kommenden Jahren soll sie auf 80.000 erhöht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, will auch Deutschland zum Ende dieses Jahres das eigene Truppenkontingent von 3.500 auf 4.500 Soldat­Innen erweitern.

Die NATO will bleiben

Der Abzug eines oder mehrerer BündnispartnerInnen würde höchstwahrscheinlich zu einem Scheitern des Einsatzes führen – und das wollen die NATO-Mitglieder um jeden Preis verhindern. Einerseits, weil Afghanistan zu den wenigen Ländern gehört, über die die Rohstoffe der Kaukasus-Region zum Meer transportiert werden können. Vor allem aber würde eine Niederlage die zukünftige Handlungsfähigkeit der gesamten Allianz in Frage stellen.

Trotz zehntausender toter AfghanInnen wird die imperialistische Agression der NATO-Staaten immer noch als „Wiederaufbau-Mission“ verkauft und der Widerstand dagegen als Terrorismus abgestempelt. Um die Besatzung zu beenden, bedarf es massiven Widerstands nicht nur in Afghanistan sondern auch in den kriegführenden Ländern. Denn die Bundeswehr (wie andere Armeen) ist nicht für Demokratie und Menschenrechte, sondern einzig zur Wahrung wirtschaftlicher und strategischer Interessen im Einsatz.

Deswegen müssen wir den Widerstand der AfghanInnen unterstützen – bei der Auseinandersetzung zwischen „unserer“ imperialistischen Armee und der afghanischen Bevölkerung können wir nicht neutral sein, sondern müssen gegen die Bundeswehr Partei ergreifen. Gleichzeitig unterstützen wir nicht die – in ihren Zielen oft reaktionären – Führungen des Widerstandes (Taliban usw.). Stattdessen kämpfen wir für eine breite Widerstandsbewegung, die nicht nur die BesatzerInnen zurückschlägt, sondern auch für ein sozialistisches Afghanistan kämpft.

//von Cubert, Revo Bernau //REVOLUTION Nr. 30

 

Demo in Berlin: 20. September, 12 Uhr, Brandenburger Tor

Demo in Stuttgart: 20. September 12 Uhr, Lautenschlagerstr., gegenüber Hbf

afghanistandemo.de

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