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"zum wegWErFen"

Das World Economic Forum in Davos und die Proteste dagegen in Basel

Angela Merkel trifft auf Angelina Jolie. Bill Gates auf Brad Pitt. Staaten und Konzerne treffen auf NGOs und Medien.

Das ist das World Economic Forum (WEF), das sich jedes Jahr seit 35 Jahren im Schweizer Skiort Davos trifft. Vom 26.-29. Januar ging es beim diesjährigen WEF um "Projekte zum Thema Hunger, Antikorruption, Finanzierung von Entwicklung und Public-Private Partnership" (d.h. die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen).

2.300 TeilnehmerInnen, einschliesslich Direktoren von großen Unternehmen, Minister und ein paar Regierungschefs wie Kanzlerin Merkel, Vorsitzende von Wohltätigkeitsverbänden, religiöse Berater und ein paar Berühmtheiten, diskutierten "Der kreative Imperativ" (das diesjährige Motto) um "den Stand der Welt zu verbessern" (das permanente Motto). VertreterInnen westlicher Hilfsorganisationen - wie Tombraider und UNO-Botschafterin für Flüchtlinge Angelina Jolie - sollten stellvertretend für die Milliarden Hungernde der Welt sprechen, die selbstverständlich nicht eingeladen waren.

Ähnlich wie beim letzten G8-Gipfel im Juli 2005, zeigten sich Entscheidungsträger der Politik und der Wirtschaft sehr besorgt um "die Probleme der Welt". Der Präsident der Europäischen Zentralbank gab zu, dass die "Entwicklungsländer die Industriestaaten finanzieren" und nannte diesen Zustand als "längerfristig nicht tragbar." Selbst der reichste Mann der Welt, Microsoft-Gründer Bill Gates, war über die Verbreitung der Tuberkulose und die Unzugänglichkeit zu Universitäten für drei Viertel der amerikanischen Bevölkerung beunruhigt. Aber sie waren nicht in der Lage, diese Probleme mit der Konzentration des gesellschaftlichen Reichtums in den Händen immer weniger Konzerne, den massiven Schulden der Regierungen der Dritten Welt oder dem sog. "Präventivkrieg" zu verbinden - denn diese Politik wurde und wird vom WEF gefördert.

Die Gespräche auf dem Forum gingen um den wirtschaftlichen Aufstieg Chinas und Indiens sowie den Wahlsieg der Hamas in den besetzten palästinensischen Gebieten, der während der Tagung bekannt gegeben wurde. Es gab einen kleinen Skandal, weil im WEF-eigenen Magazin "Global Agenda" ein Artikel des US-amerikanischen Professors Mazin Qumsiyeh gedruckt wurde, der zur Bildung einer "globalen Bewegung gegen die israelische Apartheid" aufrief. WEF-Vorsitzender Klaus Schwab entschuldigte sich "mit großer Sorge und Schmerz" für die Veröffentlichung, die Israels Projekt zur "Trennung" mit dem südafrikanischen Apartheidregime verglich.

Die Proteste

Das Treffen in Davos ist nicht nur für die kapitalistische Elite sondern auch für die antikapitalistische Bewegung ein Anziehungspunkt; letztere macht die neoliberale Politik, die vom WEF gefordert wird, für den globalen Armut verantwortlich. 1991 gab es einen Ein-Mann-Protest gegen den Irak-Krieg vor dem Forum. Seit 1999 kommt es jedes Jahr zu Massenprotesten. Mit der Aussage "The Creative Imperative heißt imperialistische Kriege, Sozialabbau, Repression" mobilisierte ein Bündnis von anarchistischen, sozialdemokratischen kommunistischen, MigrantInnen, links-christlichen und anti-Globalisierungs-Gruppen aus der Schweiz monatelang gegen das WEF 2006.

Weil Davos in den Tagen des Forum militärisch abgeriegelt wird, haben die größten Protestaktionen in anderen Städten der Schweiz stattgefunden. Am Samstag , den 28. Januar, demonstrierten 3.000 Menschen durch die Baseler Innenstadt. Die Polizei hatte extra Militärfahrzeuge von der Armee gemietet, hielt sich aber während der ganzen Demo außerhalb der Sichtweite.

Auf einer Zwischenkundgebung vor der Bank UBS wurde die Fassade mit Farbdosen und Graffitis befleckt. Auch einige Schuhgeschäfte ließen die Rollläden herunter, als die Demonstration vorbeizog. Sonst lief die Aktion friedlich. RednerInnen von linken Gruppen und Migrantenorganisationen zeigten die Verbindung zwischen der Übermacht multinationaler Konzerne, auch Schweizer Unternehmen wie Nestle oder UBS, und dem Krieg mit all seinen Folgen - Hunger, Folter, Abbau demokratischer Rechte -, auf. Auch Jay Arena, ein Aktivist aus New Orleans, berichtete wie die Wiederaufbauarbeiten nach dem Hurrikan schwarze- und Arbeiterfamilien benachteiligen, indem soziale Wohnungsbauprojekte demoliert und öffentliche Schulen privatisiert werden,

Die Schweiz ist bekanntlich ein Land, wo jede auch so kleine Frage, selbst einzelne Einbürgerungsanträge, per Volksabstimmung entschieden wird. Aber die Kosten, um das WEF militärisch und polizeilich zu schützen betragen über 8 Millionen Franken (5,2 Millionen Euro), was aus öffentlichen Kassen bezahlt wird. Darüber hat es noch nie eine Abstimmung gegeben.

Im Vorfeld des Gipfels gab es zahlreiche Proteste: unter dem Motto "Das WEF ist überall - unser Widerstand auch" gab es in fast allen großen Städten Demonstrationen, Straßentheater und Mahnwachen am Samstag vor dem WEF.

Besonders kreativ war die Gruppe "Aktiv Unzufrieden" aus der Ostschweizer Stadt St. Gallen. Per Pressemitteilung kündigten sie an, an der Hochschule "eine Aktion mit dem schwarzen Block" durchzuführen, um "ein dramatisches Zeichen" gegen das WEF zu setzen. Zum verlauteten Zeitpunkt haben 15 JournalistInnen und noch mehr Polizisten und Securitys darauf gewartet, dass eine Gruppe in schwarzen Masken Festerscheiben einschlägt, Dann sind fünf AktivistInnen von "Aktiv Unzufrieden" mit einem schwarzen Block - ein Würfel aus Plastik und Bambus, etwa anderthalb Meter groß - aufgetaucht sind. Die Schreiber der Boulvevard-Presse, die sich Krawalle versprochen hatten, waren enttäuscht, aber die AktivistInnen sahen ein erfolgreiches Zeichen gegen die Macht des Gerüchts.

Die Alternativen

Während die 2.000 Vertreter der weltweiten Elite beim WEF waren, waren in der venezolanischen Hauptstadt beim Gegenstück, dem Weltsozialforum (WSF), etwa 100.000 Menschen zusammengekommen. Beim WSF wurden "die Probleme der Welt" ebenfalls besprochen, aber im Gegensatz zum WEF basierten die Diskussionen nicht auf der Annahme, der Kapitalismus wäre die ewige Grundlage der menschlichen Gesellschaft. Entsprechend waren am WSF weniger VertreterInnen der politischen und wirtschaftlichen Elite und mehr VertreterInnen der milliardenstarken Unterschichten, die von der Elite ausgebeutet werden, da. In Davos verteilten indische Konzerne kostenlose Currygerichte an potentielle Investoren - aber in Caracas nahmen indische Gewerkschaften an einem "Marsch gegen den Imperialismus" teil.

Sowohl die Aktionen in Caracas wie die in Basel zeigen den Drang zu einer effektiveren internationalen Koordinierung der antikapitalistischen Bewegung. Multinationale Konzerne verfügen neben dem WEF über zahlreiche globale Institutionen, um ihr Vorgehen abzusprechen. Zur Zeit gibt es viele Diskussionen innerhalb des WSF, wie diese Foren zu einem effektiven Zentrum des Widerstandes gegen Neoliberalismus und Krieg werden können, einem würdigen Kontrahenten zu WTO, IWF, Weltbank usw. Aber ein "WEF der Ausgebeuteten", gibt es neben dem WEF der Ausbeuter leider noch nicht.

//von Wladek aus Kreuzberg//this article in English at Left Hook

 

Nieder mit dem WEF! Flugblatt von REVOLUTION Switzerland

Bilder von der Demonstration in Basel bei Indymedia Switzerland

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